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  • AutorenbildFrollein Schreibfeder

Minimalismus-Virus

Aktualisiert: 19. März 2018

Mein Weg des Minimalismus begann vor...puh...ungefähr 5 Jahren. Obwohl ich mal vor gehabt hatte, mir eine eigene Bibliothek aufzubauen in der sich alle Bücher befinden, die ich je gelesen habe (merkwürdige Idee, wenn ich jetzt darüber nachdenke...), hatte ich doch auch einige, die ich nie lesen würde oder welche, die einfach echt schlecht waren. Und ebenso ein paar DVD´s, die niemand mehr schauen würde. Also begann ich damals, auszumisten, verkaufte den Großteil bei momox und machte noch etwas Geld. Damals hätte ich mir nie vorstellen können, einmal so wenig zu besitzen wie heute. Und dabei lebe ich wirklich nicht spartanisch.

Fast zwei Jahre später verließ ich meinen damaligen Partner und zog wieder in eine eigene Wohnung. Zu meinem damaligen Befreiungsschlag gehörte für mich definitiv, mich so einzurichten, wie ich es schön finde und dabei zu genießen, dass ich keinerlei Kompromisse eingehen muss. Also gab es neue Möbel, bunte Wände, Deko in den passenden Farben. Die Küche petrol, das Wohnzimmer beaurdeaux. Alles nach meinem Geschmack. Und doch packte es mich auch hier irgendwann. Brauche ich die Bücher wirklich allealle? Nee, eigentlich nicht. Und sooo viel Platz habe ich auch nicht... Hmmm. Immer wieder packte ich Kisten, verschenkte, stellte zum Sperrmüll. Aber der Durchschnittsmensch in Europa soll angeblich mindestens 10.000 Sachen besitzen und ich bin da sicher keine Ausnahme. Ein neuer Partner kam in mein Leben. Eine neue Wohnung wurde bezogen. Weiße Wände, mehr Platz. Scheiße, viiiiiel zu wenig Stauraum für all unsere Bücher!!! Also neue Regale her.

Aber das Thema Minimalismus ließ mich nicht los. Ich las Blogs, sah Youtube Videos, stieß auf TheMinimalists.com. Es gibt Dokus, Anregungen bei Pinterest und immer noch zu viel Kram. Ich stolperte zwangsläufig über Marie Kondo.

Gut, ihre autistische Art, alles was nicht bei drei auf dem Baum ist entweder zu putzen oder gleich weg zu schmeißen ist mir auch jetzt noch suspekt. Ist vielleicht ein kulturelles Ding. Aber zwei Anregungen blieben wirklich haften und helfen mir immer noch:

Stell dir bei jedem Teil, das du besitzt, folgende Fragen:

Benutze ich es/ Brauche ich es wirklich?

Und: Macht es mich glücklich? Wenn nein, dann Adieu.

Und der bessere Umgang mit Geschenken wurde mir deutlich, die man eigentlich weder schön noch nützlich findet, aber bei der Vorstellung, es einfach weg zu geben/schmeißen bricht einem vor lauter schlechtem Gewissen der kalte Schweiß aus. Hier sagt Marie Kondo nämlich, dass das Geschenk, in dem Moment, in dem es den Besitzer wechselte, seinen Sinn erfüllt hat. Und man somit Tante Fraukes schreckliche Blumenvase anschauen, ihr für die gemeinsame Zeit abschließend danken und sie dann endlich in den Müll werfen kann (oder besser, sie ins Caritas Kaufhaus/zur Heilsarmee/ zum Volksverein oder sonst wo hingeben kann, wo sie vielleicht einen neuen Liebhaber findet. Wir sind ja Nachhaltig.) Die Vase, nicht Tante Frauke. Die muss sich ihren Liebhaber woanders suchen.

Der Minimalismus-Virus breitete sich immer weiter aus. Der Kleiderschrank wurde mehrfach deutlich reduziert. Auseinandersetzung mit den Themen Capsule Wardrobe (alles passt thematisch und farblich zusammen, so, dass man nicht lange überlegen muss, was man trägt), Projekt 333 (33 Teile für drei Monate, nicht mehr! Bin gescheitert und versuche es im Frühling erneut...) und Einkaufssperre (auch gescheitert...).

Das Badezimmer wurde in mehreren Anläufen reduziert. (Wer braucht schon 12 x den selben roten Nagellack...Und den meisten Schmuck trage ich eh nicht.) Die Küche wurde angegangen (Platz auf der Arbeitsfläche!!!). Der Mann wurde mit eingespannt und Abstellkammer, Keller und Garage wurden auseinander genommen und neu sortiert. Was daraufhin an Sperrmüll vor unserer Wohnung lag, war erschreckend... Und dann stand ich wieder vor dem Bücherregal... Irgendwie scheint dieser Virus sich hier sehr wohl zu fühlen und ich denke immer noch ständig darüber nach, was noch weg kann. Als Dekoration lasse ich (natürlich außer Herbst- und Weihnachtssachen, die jetzt ordentlich sortiert im Keller stehen) nur noch weiße Kerzen und Pflanzen durch gehen. Meine Büchersammlung hat sich auf einen harten Kern reduziert: Bücher, die ich sehr liebe, schon 2000x gelesen habe und sicher auch noch 1500x lesen werde, etwas Fachliteratur (nur etwas, denn ganz ehrlich, man googelt doch heute einfach jeden Scheiß) und...das war´s. Krass. Auch die DVD´s sind raus geflogen, bis auf meine absoluten Lieblingsfilme oder -serien, die ich immer wieder schaue. Wir nutzen Netflix, da sind DVD´s irgendwie unnütz. Und nachdem ich nun an einen Punkt komme, an dem ich fest stelle, ja, ich habe jeden Winkel meines Besitzes mehrfach durch gearbeitet und es lichtet sich langsam, stelle ich fest, ich fühle mich immens viel wohler. Es ist mehr Raum da. Das fühlt sich sehr angenehm an. Es ist weniger zu putzen oder Staub zu wischen da. Das spart kostbare Zeit. Wenn ich etwas kaufen möchte, schlafe ich erst mal drüber, frage mich, ob ich es wirklich wirklich brauche und wenn ja, wo ich es auf bewahren würde. Das spart meist Geld. Und dann lichten sich die Besitztümer und ich stelle fest, sooo wichtig ist die eigene Bibliothek nicht. Wirklich nicht. Um ehrlich zu sein dachte ich irgendwie, dass ich damit beeindrucken könnte. He, schau her, ich kann lesen und tue es auch!

Und all die Klamotten... warum versuche ich immer, mich über Kleidung zu definieren? Werde ich gerne in eine Schublade gesteckt? Eigentlich nicht... Jetzt trage ich nur braun, beige, schwarz und weiß. Damit fallen die meisten Klamotten schon beim shoppen gehen raus. Fast alles ist super zu kombinieren und ich habe nicht mehr das Gefühl, mich über meine Kleidung definieren zu müssen. Muss ich nicht. Ich bin ich. Egal, welche Bücher ich im Regal, welche Jeans im Schrank oder welche Möbel in der Wohnung zu finden sind. Je weniger ich besitze, um so weniger belastet mich. Je mehr Raum ich habe, um so mehr Raum habe ich. Für Gedanken, für schöne Momente, zum Durchatmen, für Minime und Mann. Und doch ist mein Virus noch lange nicht geheilt. Ich habe noch viel zu lernen und noch mehr los zu lassen. Challenge für März: Keinerlei Amazonkäufe (ich bin Amazonaddict). Ich werde nach Ikea fahren und dort Sortierungskisten und Pflanzen holen. Denn die Atmosphäre der Wohnung soll nicht kahl und kalt wirken. Grüne Pflanzen zaubern ein tolles Flair und machen es gemütlich und wohnlich. Und weiße Kerzen. Immer weiße Kerzen. Mehr braucht es eigentlich nicht.


Für mich steht fest: Minimalismus macht mich glücklich. Loslassen, statt fest halten, Platz statt Enge, Weniger, weil das Raum für mehr lässt. Und die Auseinandersetzung mit den Dingen, die wirklich wichtig sind ist eine wunderbare Nebenwirkung.

Also, mal sehen, was der März bringt und wie gut ich durchhalte. Ich bin selber gespannt...

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